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Projekt „Museumsschiff Siegfried Boysen“ konnte umgesetzt werden

An- und Absegeln, Regatta, Jugendseglertreffen, Gemeinschaftsfahrten, nichts konnte in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie durchgeführt werden. Umso erfreulicher ist es, dass trotz der Widrigkeiten, die neben Corona auch von der Inselgemeinde verursacht wurden, ein gemeinsames Projekt vom Segelklub Juist und dem Heimatverein Juist umgesetzt werden konnte: Das ausgemusterte Rettungsboot „Siegfried Boysen“ der DGzRS konnte nach Juist geholt werden, wo es zukünftig als maritimes Denkmal in den Sommermonaten am Hafen seinen Platz bekommen soll.

Parallel liefen im Frühjahr der Transport nach Juist sowie die Suche nach einem Liegeplatz. Angedacht war hierbei schon länger ein Platz am Westausgang des Ortes, dort wo die Deichverteidigungsstraße auf die Billstraße trifft (gegenüber Bäckerei Remmers). Dazu wurde sogar eigens für das Projekt ein neuer Bebauungsplan aufgestellt, den es für diesen Bereich noch nicht gab. Als alles in trockenen Tüchern schien, haben die Nachbarn – in erster Linie Zweitwohnungsinhaber – den Standort aber noch verhindert, und das obwohl vom Bauamt festgestellt wurde, dass der Abstand Boot – Nachbarhäuser so groß sei, dass sich hieraus keine Beeinträchtigungen ableiten ließen. Der genaue Werdegang mit etwas zweifelhaften Aktionen konnte nicht mehr so recht erschlossen werden, so sprachen Bürgermeister und Bauausschuss noch von Gesprächen hinsichtlich des Standortes, als schon längst feststand, dass das Boot dort nicht hinkommen sollte.

Unabhängig von diesen Planungen sollte das Boot schon mal nach Juist. Bis der entsprechende Wagen fertig sowie der Bebauungsplan erstellt war, sollte das Schiff erst einmal im Bootshafen vom Segelklub Juist liegen bleiben.

Die Stammbesatzung des Bootes wollte das Schiff von Neustadt/Holstein, wo es zuletzt als Ausbildungsboot im Einsatz war, auf eigenem Kiel nach Juist bringen, wegen Sturm war aber erst mal in Cuxhaven Zwangspause. Dann machten die Corona-Bestimmungen den Seenotrettern einen Strich durch die Rechnung, was die Weiterfahrt anging, denn die Neustädter durften wegen des Frühjahrs-Lockdown nicht auf die Insel.

So lag das Schiff wochenlang in Cuxhaven, bis man eine Lösungsmöglichkeit ausgearbeitet hatte. Die Neustädter fuhren die Boysen schließlich nach Norddeich, dort wurde es an Gerd Schwips (Taucher) übergeben. Er ist ein hauptamtlich bei den Seenotrettern angestellter Seemann und normalerweise als Vormann auf dem Norderneyer Seenotkreuzer „Eugen“ tätig. Zudem Bootseigner und SKJ-Mitglied und was damals besonders wichtig war: Er ist Juister mit 1. Wohnsitz auf der Insel und durfte somit zusammen mit zwei ehrenamtlichen Rettern der Juister Station die ausgemusterte Rettungseinheit von Norddeich nach Juist bringen. Ende April traf sie schließlich hier ein.

Nach einer Nacht am Ponton der Juister Seenotretter neben dem Rettungsboot „Hans Dittmer“ wurde es am nächsten Tag in den Bootshafen vom SKJ überführt. Hier übergab Schwips das Schiff dann symbolisch an den Segelklub und den Heimatverein. Hierzu bekam SKJ-Vorsitzender Olaf Weers den Zündschlüssel des Rettungsbootes überreicht. Dieser zeigte sich sehr erfreut darüber, dass dieser wichtige und vorletzte Schritt vor der endgültigen Aufstellung an seinem Platz am westlichen Ortsausgang getan ist. Obwohl er mit einem Blick auf die schnitten Formen des alten Schiffes der Meinung war, „es ist eigentlich ein viel zu schönes Schiff, um es auf Land zu setzen“.

Im Laufe des Sommers wurde dann ein neuer Standort am Hafen auserkoren, nun soll es östlich des Sanitärgebäudes/Grillplatz vom SKJ seinen Platz finden, wo es auch viele Betrachter finden wird. Neben den vielen Gastliegern vom Bootshafen führt dort auch der Weg zur Surfschule und zum Seezeichen am Schiff vorbei. Aus Deichschutzgründen muss es aber in den Wintermonaten im sogenannten Vordeichgelände entfernt werden. Mittels eines Bootswagens, der auf dem Festland speziell für das alte Rettungsboot gebaut wurde, soll es nun jeweils im Frühjahr und Herbst verholt werden, in den Wintermonaten wird es zukünftig auf der Freifläche südlich vom Bootshaus stehen.

Im Sommer lag das Boot dann am B-Steg im Bootshafen, statt der DGzRS-Flagge wehte nun der SKJ-Stander am Mast. Hier wurde es in erster Linie vom freiwilligen Rettungsmann der DGzRS und SKJ-Mitglied Björn Westermann betreut, der zwischendurch auch mal die Maschine – mit ihrem tollen satten Klang – laufen ließ und die Batterien auflud. In der Zwischenzeit wurde auf dem Festland der Wagen gebaut.

Am 12. Oktober war es dann soweit, dass das Museumsschiff endgültig aus seinem Element geholt wurde. Da der SKJ-Kran für bis zu 15 Tonnen Tragkraft zugelassen ist, konnte es damit an Land geholt werden. Nachdem das Unterwasserschiff gereinigt war, kam es auf den neuen Wagen und stand noch ein paar Tage auf dem Schotterplatz westlich vom Stationsgebäude der DGzRS.

Am 30. Oktober wurde es schließlich mit dem Trecker der Hafenspedition Heiken vom Hafen zum Bootshaus gefahren. Mit dem Elektro-Mover ließ er sich dann an seinen Platz fahren, dieser kommt damit allerdings an seine Grenzen, so dass man auch zukünftig den Transport vom und zum Hafen mit einem schweren Gerät wie dem Trecker durchführen wird.

Bei der „Siegfried Boysen“ handelt es sich um eines von zwei Schiffen der sogenannten 12-Meter-Klasse. Obwohl diese Boote eine sehr gelungene Konstruktion darstellte, die sich durch sehr gute Fahreigenschaften auch bei starkem Seegang auszeichneten, wurden nur zwei Schiffe davon gebaut und bei der DGzRS verwendet.

Das Schiff wurde auf der Evers-Werft in Niendorf unter der Baunummer 510 und der internen DGzRS-Baubezeichnung KRST1 gebaut. Die Siegfried Boysen wurde am 6. Juni 1972 in Wedel auf den Namen eines Mitglieds einer Familie getauft, die der DGzRS einen nicht unerheblichen Betrag gespendet hatte.

Das Seenotrettungsboot ist mit Funkanlagen (Rufzeichen DA 7298), Echolot, Radar und GPS ausgestattet. Im Jahre 1986 wurde das Boot auf der Kröger-Werft in Rendsburg umgebaut und erhielt ein neues Heck. Vorher hatten diese Schiffe hinten eine runde Heckform. Das Schiff ist 12,2 Meter lang, 3 Meter breit und hat einen Tiefgang von 0,90 Metern. Es wiegt zehn Tonnen und wird durch einen 240 PS (177 kw) starken Dieselmotor angetrieben, womit es eine Höchstgeschwindigkeit von 17 Knoten (= 31 km/h) erreichte.

Nachdem die Boysen das erste Jahr nach der Indienststellung auf Nordstrand stationiert war, lag es von 1973 bis 2000 in Neuharlingersiel. Das war die mit Abstand längste Periode ihrer Einsatzzeit und hier erfreute das Schiff sich größter Beliebtheit. Die freiwilligen Rettungsmänner aus Neuharlingersiel suchten immer wieder Gründe, wie man den Einsatz eines neuen Rettungsbootes verzögern konnte und bekamen das Nachfolgeschiff zur Jahrtausendwende quasi aufgezwungen.

Danach ging es nach einem Werftaufenthalt in die Ostsee, bis 2005 wurde es auf der Station Glowe (Rügen) eingesetzt, und zuletzt als Ausbildungsschiff für die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter der DGzRS in Neustadt/Holstein. Nachdem man dort neuere Schiffe für die Ausbildung bekam, wurden die Boysen und ihr Schwesterschiff „Eduard Nebelthau“, das ebenfalls zu Ausbildungszwecken dort stationiert war, im Jahre 2019 ausgemustert.

Die DGzRS gab beide Schiffe zu Ausstellungszwecken ab. Die Nebelthau, ebenfalls 1972 gebaut, aber ihre ganze Einsatzzeit nur in der Ostsee stationiert, hat bereits im Februar dieses Jahres ihren letzten Liegeplatz gefunden. Durch den Tourismus-Service Fehmarn wurde sie als Ausstellungsstück an der Südstrandpromenade in Burg auf Fehmarn aufgestellt. Während die Boysen auf Juist auf einem Wagen stehen bleibt, damit man auch das Unterwasserschiff sehen kann, sowohl im Inneren wie auch im Decksbereich unverändert belassen wird und nur zu bestimmten Zeiten durch fachkundiges Personal zur Besichtigung geöffnet werden soll, hat man das Unterwasserschiff der Nebelthau im Sand eingegraben und durch eine Holztreppe für jedermann zu jeder Zeit zugänglich gemacht. Somit verkommt sie nun eher zu einem Kinderspielplatz, und Insider befürchten, dass bald dort wohl nur noch der nackte Rumpf stehen wird.

Unser erstes Foto in der Galerie wurde von einer Brücke des Nord-Ostsee-Kanals aufgenommen, als sich die Boysen auf seine letzte Reise nach Juist begebern hat. Das zweite Bild wurde in Cuxhaven aufgenommen, wo sie coronabedingt einige Wochen Zwangspause hatte. Die weiteren Bilder zeigen die Ankunft auf Juist und die Übergabe an den SKJ und Heimatverein. Ein weiteres Bild entstand im Sommer im SKJ-Hafen, davor liegt das sehr viel ältere ehemalige Juister Ruderrettungsboot „Magdeburg“, das ebenfalls in diesem Winter am Bootshaus vom SKJ eingelagert wurde. Die weiteren Bilder entstanden, als die Boysen durch SKJ- und DGzRS-Mitglieder aus dem Wasser geholt wurde. Die vorletzten Aufnahmen entstanden beim Transport vom Hafen zum Winterlager am Bootshaus. Das letzte Foto zeigt das Schwesterschiff „Eduard Nebelthau“ auf seinem letzten Liegeplatz auf der Strandpromenade von Fehmarn.


TEXT: STEFAN ERDMANN

FOTOS: ANTJE BUSCH (CUXHAVEN), MANUEL MISEROK (NOK, FEHMARN), STEFAN ERDMANN, SABINE WEERS (JUIST)


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